Studienfahrt Schweden

Schweden – Lernst Du noch, oder lebst Du schon?

Der Leitgedanke „Europa in Bewegung“ kann nicht einfach auf Schweden im Sinne „Schweden in Bewegung“ übertragen werden – jedenfalls nicht, wenn dieser sich auf die Mentalität beziehen soll. Dies soll nicht heißen, dass sich die Schweden im Allgemeinen nicht bewegen, dies tun Sie. Allerdings auf eine angenehme ruhige Art und Weise, welche auch ihrem schwedischen Gemüt entspricht. Die Schweden nehmen sich Zeit, wenn Sie benötigt wird. Besonders die Fika-Zeit ist den Schweden von Bedeutung. Die angehenden Lehrer und Lehrerinnen aus dem Studienseminar Giessen kamen überraschend gut mit der Fika-Zeit und der einhergehenden geistigen Aufmerksamkeit zurecht. Das Wort Fika fällt in Schweden nicht nur in der Freizeit, sondern auch regelmäßig in den Schulen. Fika und die damit verbundene Fika-Zeit ist unter den schwedischen Lehrern und Lehrerinnen sogar so beliebt, dass das Lehrerzimmer in einen Fika-Raum umgewandelt wurde. Das beschriebene schwedische Gemüt hat es gerne behaglich, diese Behaglichkeit spiegelt der Fika-Raum - auf Basis von Ikea-Möbeln - auch wieder. Schwedische Lehrer und Lehrerinnen genießen hier kostenlose Fika in allen Varianten und nutzen diese Zeit für Diskussionen, Reflexionen und zum allgemeinen Austausch. Auch kann es passieren, dass eine Lehrkraft aufgrund eines Fikas zu spät den Unterricht beginnen lässt, der fehlende Gong zur Pause und zum Unterrichtsbeginn verstärkt dieses Vorgehen. Adjektive wie minuziös und präzise passen daher nicht zur schwedische Unterrichtszeit. Vielmehr ist sie flexibel und anpassungsfähig.
Neben dem Fika-Raum konnten die angehenden deutschen Lehrer und Lehrerinnen Spezialwesen - bzw. Spezialpädagogen - kennenlernen, die in Spezialräumen gelebt bzw. gearbeitet haben. Die Spezialräume sind für Schüler und Schülerinnen gedacht, die eine Auszeit vom Unterricht benötigen. Hier erwartet Sie eine Playstation inkl. Smart-TV, eine kleine Auswahl an DVD’s und Büchern sowie ein Pädagoge, dem jeder Lernende am Herzen liegt. Aufgrund der vorhandenen Designer-Arbeitstische werden nicht nur phlegmatische Schüler ohne Unterlagen, sondern auch strebsame Schülerinnen mit einem Hang zu guten Noten von diesem Konzept angezogen. Uns ist aufgefallen, dass sich die Lernenden an den schwedischen Schulen kaum von den Lernenden an den deutschen Schulen unterscheiden. Somit ist es kein Wunder, dass es auch bei den Unterrichtsmethoden keinen großen Unterschied gibt. Dennoch konnten kleine Unterschiede, auch aufgrund von Gesprächen mit zahlreichen Lehrern und Lehrerinnen, einen umfangreichen Diskurs mit einer Schulleiterin sowie einem Abteilungsleiter, festgemacht werden:

1. Die digitale Welle ist in den schwedischen Schulen nicht nur angekommen. Sie hat einen maßgeblichen Einfluss auf die Gestaltung des Unterrichts. Jeder Lernende bekommt zum Schulbeginn einen Laptop, wodurch Arbeitsaufträge ganz einfach über Textprogramme bearbeitet, auf eigene Plattformen hochgeladen und vom Lehrer mit einem individuellen Feedback bewertet werden können.

2. Das Wichtigste ist, dass alle Schüler und Schülerinnen zur Schule kommen. Sie sollen sich in der Schule wohlfühlen und hier gerne arbeiten. Tischtennisplatten, gigantische Studiencenter mit Weitblick und chillige Ecken in den Fluren des Schulgebäudes versüßen den Schulbesuch. Probleme mit der Anwesenheit tauchen dadurch weniger auf.

3. Ein weiterer Unterschied besteht in den Rahmenbedingungen der Arbeitsbedingungen der Lehrkraft. Alle Lehrer haben Anwesenheitspflicht bis 15:00 Uhr. Dadurch soll die Zusammenarbeit unter den Lehrkräften gefördert werden. Sehr interessant ist auch die Bezahlung nach Leistung. Je nachdem, ob eine Lehrkraft die zuvor gesetzten Ziele aus der Zielvereinbarung erreicht hat, kann das Gehalt individuell stark variieren.

Neben der Arbeit an Schulen, wurde auch die Arbeit in der Lehrerausbildung von den deutschen LiV beaobachtet, welche sich doch etwas stärker von der deutschen Ausbildung unterscheidet. Die Lehrerausbildung beginnt mit einem strengen, individuellen Auswahlverfahren, geht über eine universitäre Ausbildung, welche unserem Referendariat gleicht und endet mit einem bedarfsgerechten Abschluss.

Mit diesen ganzen Eindrücken, Erfahrungen und Erkenntnissen ist allen eins bewusstgeworden: strukturbezogene Faktoren haben einen wichtigen Einfluss auf den Lernerfolg, noch wichtiger ist aber die Persönlichkeit und die Kompetenz jeder einzelnen Lehrperson.

Abschließend muss noch aufgeklärt werden, dass ich sich bei dem Begriff Fika um Kaffee handelt.